Schnitterin und die Felder des Lebens

Die 8 Sicheln auf der Karte tanzen, schweben, halten inne. Gleich wird die Frau sie in Hand nehmen und ihr Werk beginnen. Um ernten zu können, muss ich gesät haben. Ich muss auch die Ernte gut versorgen und ihr Platz in meinem Leben geben. Sonst geht es mir wie den beiden zerlumpten Armen auf der Karte der 5 Münzen. Münzen sind das Synonym für Erde, Materie, Materielles. Vielleicht kennst du das Gefühl, niemand liebt dich, niemand mag dich, alle sind so mies, nichts gelingt dir, immer sind die anderen schuld, haben mehr, das ist ungerecht, aber ich habe doch…. ich kann ja nichts dafür…., das sind die beiden, inmitten ihres Selbstmitleides, Anklage gegen andere, die Umstände.

So weit der Blick, nichts engt mich ein. Die Felder des Lebens sind gut bestellt.

Räuchern, Duft ist Gebet im Kreis der Göttinnen mit den Frauen der 13 Monde Lerngruppe.

Erde riechen, schmecken, anfassen, draußen, Geschenke gebracht, Verbundenheit gespürt.

Kein Schatten ängstigen wenn Du bei Dir bist und dich von nichts und niemand davon abbringen läßt.

Mein entzückt lauschendes Publikum, ich habe für sie gesungen.

Die Zeit zwischen Schnitterin und Mabon, Zeit der Veränderung, Wege von aussen nach innen. Die Spirale dreht sich weiter nach innen. Gesammelt und jetzt Zeit das Geschenkte zu betrachten, genießen. Das Wesentliche wird sichtbar, auch wenn es Rüschen und Glitzer ist 😉 Nur noch wenige Schritte bis Samhain.

noch einmal

4 Wochen Urlaub bitte 😉

… und doch noch unterwegs in Gedanken. So vieles erlebt, erfahren, gesehen, gehört. 3 Wochen unterwegs sein und von mir aus könnt es weitergehen. 2 Camps, eines nur mit wilden Weibern im Sauerland und dann noch follow – Fest der Fantasie 2008 zusammen mit Jo. Es war einfach wunderschön (nachdem wir das letzte Jahr nicht konnten) nach 2 Jahren strahlend und freudig wieder begrüßt zu werden. Wow, ich war erstaunt, wie viele mich sofort wieder erkannten und herzlich begrüßten. Wir haben auch eine Menge Pläne für die kommenden Jahre ausgeheckt 😉

Am Mittwoch Abend, so gegen 21 Uhr, saß ich alleine auf der Terrasse und sammelte meine noch umherwildernden Seelenanteile ein. Kennt ihr die blaue Stunde? Dieses ganz besondere Licht am Abendhimmel. Ich habe es hier schon vor ein paar Wochen erlebt.

Spontan beschloss ich raus zu gehen, in den Wald, die Felder, hinein in die beginnende Nacht, diesem Licht hinterher, an dessen Saum von rosa bis orangeflammenrot noch die Sonne lockte. Ich ahnte, es wird eine der letzten warmen trockenen Nächte in diesem Sommer sein. So sehr ich das unter Menschen sein liebe, gerade wie jetzt im Urlaub, brauche ich dringend meine Auszeit. Nur ich und Natur, mehr nicht. Das hält meine Seele in Balance. Erst dachte ich daran, wieder eine Nacht draußen zu sitzen aber mir war nach Bewegung zumute und so wandere ich los, ohne Plan und Ziel, einfach unterwegs sein im Wald. Faszinierend, wenn man kaum etwas sieht, wie sich die anderen Sinne schärfen. Ich kann mich mühelos im dunkeln bewegen. Die Silhouetten der Bäume verändern sich, der kleine Bach mit dem Wasserfall – war er schon immer so wild? Knistern und rascheln und spüre die Anwesenheit der Tiere.

Ich bin Stunden unterwegs und meine letzte Rast im ersten zaghaften Morgenlicht ist am Rand eines Feldes mit Blick von einem Bergrücken hinunter auf den Rhein. Im Weißdornstrauch neben mir beginnt das erste zaghafte Rufen eines Vogels und bald sind es ganz viele die in dieses Lied mit einstimmen.

Ich bin gesättigt, bin voller strahlender Laune und so klar wie nach 10 Stunden Schlaf. Die Brombeerhecken spenden mir ein erstes süßes Frühstück.

Nach 4 Stunden Schlaf zuhause kommt meine Freundin Mia und wir fahren wieder raus. Ich will die letzten Kornähren von den abgeernteten Feldern holen und eine Kornmuhme bauen als Dank an die Göttin der Natur für die reichliche Ernte auf den Feldern meines Lebens in diesem Jahreszyklus, an meinem Schnitterinnenfest.

Die letzte große Getreidegarbe wurde zu einer oft mannshohen Puppe geflochten. Am Mittwintertag (21.12.) bekamen die Vögel und die anderen Tiere des Hofes von diesem besonderen Korn.

Wir waren den ganzen Tag unterwegs, sammeln Kräuter für die Kräuterweihe zum letzten Augustvollmond. Ich mag die alten Bräuche sehr, aber ohne ihnen das verlogene Mäntelchen der katholischen Kirche umzuhängen.

Großmutter lehrte mich, dass alle Heilkräuter, die vor dem Frost geerntet werden, bis zum letzten Augustvollmond gepflückt sein müssen. Das ist dieses Jahr der 16.08…. ich bin fast fertig, muss mich beeilen, die Ernte ist dieses Jahr überreichlich.

Übrigens, du musst nicht mit Bestimmunsgbuch für Pflanzen herumlaufen. Wichtiger als ihr korrekter lateinischer Name ist es, dass sie mit dir kommunizieren.

gekaut, verdaut und ausgespuckt

Letzes Jahr Samhain, da stehe ich gerade so in der Anderswelt herum, kaue an einem Grashalm. Da kommt die Alte, die Rabenfrau, bei mir vorbei, zipt an meinem Ärmel und beordert mich mit einem wortlosen Wink mit dem Kopf in einen anderen Raum. Ich folge ihr. Leer ist es da und kalt. In der Mitte ein erloschenes Feuer, ein altes Fell, ein Messer mit getrocknetem Blut. Wir stehen da und sehen uns das an. „Das ist alles was übrig bleiben soll“, sagt sie ohne mich anzusehen. Mich schauert. „Übrig wovon?“ frage ich sie. Sie sieht mich an und sagt „bis nächstes Jahr Schnitterin, und denk dran, das ist alles was übrig blieben darf“. Das Bild ist vorbei und ich gehe zurück in meine Welt.

Dieser Blick, mit dem sie mich anschaut war die ganzen Monate bei mir. Ich war in Cornwall dieses Jahr. Juliane macht ein Foto von mir am letzten Tag, kurz vor der Heimreise.

Gibt es Zufälle? ich durchsuche die Ordner nach einem Foto für eine Seite. Da schaut sie mich wieder an, direkt in die Augen. Wummmmm…. da schaue ich mich an, mit den durchdringenden Augen der Rabenfrau.

Die Vision ist immer schon vorher da, du brauchst sie nicht suchen, du mußt sie nur abholen. Man kann keine Vision suchen, sie bildet sich aus dem was war, was ist und was werden soll. Sie ist das Gewebe der Zeiten, das goldene Vlies. Zur vereinabarten Zeit, am vereinbarten Ort holst du sie ab. Erinnere Dich!

Ich weiß, ich muss gehen… muss gehen den Weg zurück in den Raum, zum kalten Feuer, zum leeren Fell und muss das Messer berühren.

Ich sitze allein im Wald. 5 Tage noch bis Schnitterin. Ich ritze mit meinem Messer das fünfzackige Pentagramm in den Boden vor mir. Ich bin allein, so allein habe ich mich selten gefühlt. An diesem warmen Sommerabend friere ich und bin so hundeelend alleine. Es geht nur alleine. Noch rieche ich die Erde, noch höre ich den Bach und den Wasserfall vor mir.

Ich gehe durch die Eingeweide der Erde, ich werde geschoben, gedrückt, ich werde verdaut und ausgespuckt. Die Alte hat mich gefressen mit ihren messerscharfen Zähnen. Meine Knochen zermörsert, mein Fleisch in sich hineingefressen. Etwas lebt und erlebt.

Du hast mit einem Hasenherz gelebt und das war gut, so hast Du die Angst kennengelernt, um durch sie durch zu gehen. Wir haben dir Adlerschwingen gegeben damit du fliegen kannst. Wir haben dir ein Wolfsfell gegeben, damit du laufen lernst. Wir haben dir die Schlangenhaut gegeben, damit du verwandeln lernst. Jetzt gib alles zurück, es ist Zeit zu sterben. Nicht einmal die Haut darf ich behalten.

Sterben lernen, tot sein lernen. Thema der Schnitterin. Ich bin Acker, bin die Frucht, bin das Sterben und der Tod. Wie kann ich denken, empfinden, wenn ich nicht mehr da bin? „Du bist ja da“ sagt mir die Alte. „WO bin ICH“ meine Frage. „Du bist dein eigener Dünger, Kompost geworden“.

Da, wo irgendwann vor Äonen Grenzen und Beschränkungen waren, ist nichts mehr, Raum angefüllt mir Leere. Ich muss nur liegenbleiben hier und mich auflösen, sonst nichts. Es ist so einfach mit einem mal. Ameisen durchwühlen meine Reste und tragen sie fort. Es ist richtig so. Shaman-Ca gibt es nicht mehr, ist nicht mehr Substanz, ist nur noch….

Großmutter wiegt meine Seele in den Armen und näht mir ein Kleid aus Träumen. Im leisen Lied formt sie neue Worte für mich. Die Wölfin setzt mir ihr Herz ein. Sie reiht meine Gehirnwindungen neu auf. Es sieht aus, als würde der Faden über eine Spindel neu gedreht. Alles ist eine große Einheit.

Sie schickt mich wieder weg, ich weiß ich muss gehen. Ich drehe mich ein letztes Mal um. Das Feuer an dem wir eben noch saßen ist erloschen. Das leere Fell, das Messer mit getrocknetem Blut, meinem Blut, alles bleibt zurück.

Der Bach murmelt in mein Ohr, die ersten Sonnenstrahlen des Morgens fallen durch die Blätter. Ich recke und dehne den neuen Körper. Es fühlt sich gut. ich genieße den Morgen in all seinen neuen Farben und Tönen. Meine Lippen formen das Lied. Schamanca ist zurück.