Mittsommer – Litha – Sonnwend

Die letzten Strahlen der Sonne sind gerade untergegangen. Der längste Tag neigt sich dem Ende entgegen, das Licht geht in die Dunkelheit über.

Doch zurück zum Men an Tol… ich stecke im Lochstein, zwischen den Welten, zwischen gestern und morgen, zwischen Tag und Nacht, zwischen hell und dunkel. Schwirrende Dunkelheit umgibt mich, in der unzählige kleine Lichter tanzen. Bin ich geboren oder gestorben? Weder noch, ich bin im Zwischenreich.

Die Wölfin läuft neben mir. Ich spüre meinen Atem und sehe meine Pfoten im schnellen Lauf durch die Ebene über den Boden fliegen. Jeder Muskel ist pure Energie. Wir gelangen in den Wald, bahnen uns einen Weg durch das Dickicht bis zum See. Dort sitzt die Alte in der Höhle am Feuer und erwartet uns. Sie wirft Kräuter in die Flammen und fächert mir den Rauch zu. “Setz Dich”, fordert sie mich auf. In Ihrem Schoß liegt ein Kind. “Das ist das Morgen”, sagt sie “es ist gerade geboren worden. Du wirst es aufwachsen sehen”. Ich schließe die Augen und es zieht mich weiter. “Trink das” und sie reicht mir einen Krug klares Wasser. Es rauscht wie mein Blut erfrischend durch meinen Körper.

Ich lausche ihren Worten: “Da wo Du jetzt bist siehst Du das was die Menschen als Gut und Böse bezeichnen, das Dunkle und das Helle. Sie fliehen das Dunkle, sie haben Angst, so große Angst. Sie kommen aus dem Dunklen, aus der Gebär-Höhle, die so sicher trägt bis sie reif sind für das Leben. Sie vergessen diese Höhle, den Schutz den Dunklen, die Zeit des Reifens. Gebannt wie Motten starren sie auf das Licht und wollen unbedingt dort hin. Aber wo ist dort? Je mehr sie dem Licht hinterherlaufen, desto weiter entfernt es sich von ihnen, scheinbar und doch ist es immer da wo sie sind. Sie glauben, wenn der Weg nicht mühsam und steinig ist, dann ist er nicht richtig. Sie glauben sie müssen sich mühen und plagen, viele Dinge tun um zu diesem Licht ihrer Sehnsucht zu gelangen. Darüber verdammen sie den Ort der Dunkelheit, den Ort ihrer Geburt, die Heimat, die Wurzeln. Sie sind getrennt von der Erfahrung der ersten Dunkelheit und glauben, wenn sie das Licht doch endlich erreicht haben dann würden sie erkennen können.

Du erzählst ihnen von ihrer Herkunft, der dunklen Höhle, den Wurzeln und deshalb bist du Dunkel für sie, zu zeigst ihnen ihre Ungereimtheiten und deswegen werden sie dich hassen und gleichzeitig hassen sie sich selbst aber merken es nicht. Sie werden dir vorwerfen, dass du ihnen nicht den Weg zum Licht zeigst, sie nicht von ihren Schmerzen befreist, sondern ihnen nur den Weg, der sie in das Jetzt und das Morgen führt. Ich gebe dir das Morgenkind, hüte es gut und zeige es denen, die es wirklich sehen wollen. Wenn Du zurück gehst, nimm den Kristall mit, er wird dich wieder zu mir führen, wir Alten sind die Hüter der Zeit.”

Sie und die Wölfin begleiten mich, schieben mich durch den Lochstein zurück in meine Welt. vor meiner Hand liegt der kleinen Kristallsplitter, ich nehme ihn mit. Am Chalice Well finde ich die Figur einer sitzenden Frau. Sie sieht aus wie die Alte und ich nehme sie mit. In der Schale vor ihr brennt das Feuer und in ihren Händen hält sie den Kristall.