Nachtrag

Ich möchten den Kommentar von Bärenschwester auf meinen Beitrag nichts für schwache Nerven hier hochholen und beantworten.

Hm, das mit den aufgerissenen Wunden bei Fehlgeburten und so durch diese Aktion seh ich nicht zwingend. Das Problem bei der ganzen Sache liegt meiner Erfahrung nach eher im widernatürlichen Umgang hierzulande mit Schwangerschaft, Geburt und Fehlgeburt.

Das ist wohl von Frau zu Frau verschieden. Meine erste Tot- oder Fehlgeburt (7. Monat) hatte ich mit 17, die zweite (2. Monat) mit 21. Mit 22 habe ich meine Tochter unter sehr dramatischen Umständen geboren, fast wäre es auch wieder schief gegangen. Die dritte Totgeburt (5. Monat) mit 31. Bis dahin habe ich gelitten wie Hund, es gab keine Hilfe, keine Erklärung.


„Entfernt“ man die toten Föten gleich nach dem man ihren Tod festgestellt hat, ist das hormonell und organisch für die Frau wie eine Abtreibung.
Der Eingriff und der abrupte Hormonumschwung kann wirklich schwerste Auswirkungen auf Körper und Psyche der Frau haben. Das hat nichts mit dem gesellschaftlichen Kontext zu tun – es ist für den Körper einfach der Hammer.

Ja, stimmt, es hat gedauert bis ich wieder “normal” funktionierte.

Darüberhinaus gibt es keine Kultur im Umgang mit diesen winzigen Verstorbenen. Die Frauen sehen die Föten nicht mehr, die werden (häufig entsetzlich entstellt) als „Klinikmüll“ entsorgt und einen Ort zum Trauern gibt es auch nicht. Ich kenne genug Frauen, die nach Abtreibungen oder chirurgisch geregelten Fehlgeburten ganz große Probleme hatten.
Ich hatte selber 4 Fehlgeburten, alles Jungs zwischen der 12. und 15. Schwangerschaftswoche.
Ich habe die alle – aus oben genannten Gründen, gegen jeden ärztlichen Rat – natürlich geboren (so ca. 6 Wochen nach Ableben) und auch angeschaut, mich verabschiedet und sie ordentlich bestattet.

Seltsam, meine Kinder wären auch Jungs geworden. Zu der Zeit (1971,1975, 1985) als es mir passierte war an “Bestattung” nicht zu denken. Gerade um mein letztes Kind habe ich gekämpft. Keine Chance, es wurde “eingeschickt”. Danach war an eine weitere Schwangerschaft nicht mehr zu denken

Mein Bauch war mir unheimlich, fühlte sich an wie ein Grab. ich machte mich verantwortlich für die Tode. Der Satz “ein Kind das nicht wirklich gewollt ist, treibt sich selbst ab” geisterte in meinem Kopf. Habe ich…. ? Ich wünsche niemand diese Seelenqual zu erleben. Nicht umsonst erkrankte ich Jahre später (1990) schwer an Endometriose und Myomen. Ich habe mich selbst geheilt, trotz schulmedizinischer Unmöglichkeit. Danach erst sah ich die Zusammenhänge. Ich habe meine toten Kinder rituell geboren, begrüßt, benannt und beerdigt und so langsam ein Gefühl dafür bekommen. Gerade das letzte Kind, das freiwillig gegangen ist, hat mir die Türen zu meinem jetzigen Leben geöffnet und ich bin ihm unendlich dankbar. Trotzdem, noch heute ist da Schmerz, das zu verleugnen wäre nicht gut.


Natürlich ist das ultratraurig, aber das Problem dabei ist eher der unerfüllte Wunsch nach einem 2. Kind als die Fehlgeburt als solche.

Das wird wohl in jedem Fall anders sein. Pauschalisierungen sind nicht gut.

Ich komme damit klar, weil es so gelaufen ist wie es natürlicherweise läuft. „Die Natur“ regelt das schon sehr weise und schonend. Nur weiß das hierzulande keiner mehr.

Weise Erkenntnis, aber viele Frauen brauchen Rat, Hilfe und Zeit um zu dieser Einstellung zu kommen.
Auch wenn Dich so etwas nicht mehr “fertig” macht, aber ich denke ein wenig weiter an die Frauen, die dieses Wissen (noch) nicht haben. Ja, und ich bin ehrlich, noch heute, so viele Jahre später bleibt ein Rest schmerzhafte Erinnerung, Wehmut und Sehnsucht.


Nö, da macht mich so ein kleiner Plastikfet echt nicht fertig – klar denke ich da an meine Jungs zurück, die waren halt wie er in etwas größer.
Für mich ist dieses Figürchen aber eher eine Mahnung daran, wie respektlos und widernatürlich hier mit solch frühem Leben umgegangen wird – incl. der sogenannten „Schwangerschaftvorsorge“.
Ich weiß keine Lösung für Frauen, die über Abtreibung nachdenken – ich denke nur, daß ein Blick in das Gesicht eines echten Fötus bei vielen Menschen schwer was verändern würde.
Die Aktion mag dubios sein – k.A., ist hier nicht gelaufen, aber man sollte schon grundsätzlich das Thema mal aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten – und natürlich Frauen in Not vernünftigen Beistand geben.
Nix für ungut 🙂
LG BärenSchwester

Es bleibt die Frage “was ist denn vernünftiger Beistand”? Mein Traum: Frauen nehmen schwanger werden und gebären wieder selbst in die Hand. Weg von der kalten nüchternen Schulmedizin, obwohl es auch da Gutes gibt. Früher starben Kinder einfach so, vor oder nach der Geburt. Ich glaube nicht, dass es weniger dramatisch war für die Mütter. Ein Zurück zur Selbstverantwortung ja, aber zurück ins Mittelalter nein. Weiterentwicklung aus Frauensicht ist erstrebenswert und die Schulmedizin da einbinden wo es nötig und gut ist. Ich habe “göttinseidank” gute weibliche Ärzte, die mich unterstützt haben, meine Gebärmutter durch die Krankheit nicht zu verlieren. Davon sollte es viel mehr geben. Mehr Einrichtungen, in denen Frauen sich aus ganzheitlicher Sicht sich beraten lassen können.

Es kann keinen generalisierten Rat geben, sondern die vielen guten Ansätze zu Maßnahmen vereinen.

Es braucht ein generelles Umdenken über Leben, Geborenwerden und Sterben. Schwangerschaft ist keine Krankheit und vieles was durch die Schulmedizin eingegriffen wird ist schädlich, wie auch nützlich.

Ich betrachte die Aktion „Plastikembryo“ als absolut geschmacklos und scheinheilig, weil es weder um Leben noch um Seele geht. Es soll weder der Schwangeren, noch dem Kind in irgend einer Weise geholfen werden mit evtl. Problemen fertig zu werden. Das ist Schuldzuweisung und schlechtes Gewissen verbreiten. Wo bleibt die Hilfe dieser Organisation für werdende Mütter oder für Frauen/Familien die Probleme mit ihren Kindern haben. Stattdessen werden Unsummen ausgegeben für solche Aktionen. Das verstehe ich absolut nicht und ich sehe keinen Sinn in der Aktion, die Frauen ohne Hilfe sich selbst zu überlassen.

4 Gedanken zu „Nachtrag“

  1. Liebe Silvia!

    Erstmal entschuldige meine späte Reaktion auf Deine Antwort – ich war in den letzten Wochen familiär arg eingespannt.
    Wirklich seltsam – wir können uns ja in einigen Punkten die Hände reichen – nicht nur, daß wir beide mehrere Jungen verloren haben, Endometriose und Myome (4!) habe ich auch!
    Aber ich hatte die Endometriose und ein Myom schon vor der Geburt meines Sohnes. Ich habe mich von den Ärzten zum Glück nicht beirren lassen und statt OP bin ich mit meinem Sohn schwanger geworden und habe den dann ganz schnuckelig zu Hause geboren (natürlich auch das schon gegen jeden ärztlichen Rat *lol*). In der Schwangerschaft sind mir dann zwar 3 weitere Myome gewachsen, aber immerhin hat sich die Endometriose z.T. zurückgebildet. Ich habe dann den Kleinen 4,5 Jahre gestillt und seitdem keine Menstruationsbeschwerden mehr – ich nehme das mal als Zeichen, daß die Endometriose nicht mehr besonders aktiv sein kann. Die Myome sitzen zum Glück außen und bereiten mir keine Beschwerden.
    Nu ja – ich hatte Glück mit einer unglaublich fitten Hebamme, die mich dann ja auch bei den Fehlgeburten unterstützt hat. Zu der Zeit, als Du Deine Kinder geboren hast, war die Geburtshilfe wie auch der Umgang mit Tod und Trauer hierzulande ja ganz im Keller. Eine Gegenbewegung hat da ja erst in den letzten Jahren eingesetzt.
    Es tut mir wirklich leid, daß Du das alles auch noch auf diese unmenschliche Art und Weise erleben und durchleiden musstest – ich sehe das auch als großes Glück im Unglück an, daß ich die Möglichkeit hatte, das alles anders zu gestalten.
    Trotzdem beschleicht auch mich manchmal das Gefühl, daß mein Bauch wie eine Gruft ist und ich kenne auch Gefühle von Verlorenheit und Wehmut, sicher. Da sprichst Du mir wirklich aus der Seele. Besonders zwiespältig ist für mich auch die ganze Diagnostik, die man heute so machen kann. Ich habe mich jetzt drauf eingelassen und habe gleich mehrere Diagnosen, an denen es zumindest beim letzten Kind gelegen haben kann – und bei der Gelegenheit haben sie bei mir eine Blutgerinnungsstörung gefunden, die ein erhebliches Thromboserisiko bedeutet. 🙁
    Aber nun zurück zu dieser „Plastikfetenaktion“:
    Yo, verplempertes Geld ist sowas wirklich – und ich habe aktuell von einer anderen Aktion in der Gegend hier gehört, die auch nicht ganz lauter arbeitet – und sowas stößt auch mir derbe auf.
    Mit vernünftigem Beistand für schwangere Frauen und Mütter meinte ich a) eine absolut verläßliche finanzielle Absicherung mindestens für die ersten drei Lebensjahre des Kindes incl. psychologischem Beistand / Beratung wenn nötig und b) wirklich qualifizierte Geburtshilfe und Frauenheilkunde – die ham wir hierzulande bis auf wenige Ausnahmen leider immer noch nicht. Das bedeutet meiner Meinung nach natürlich nicht „zurück ins Mittelalter“ – nein. Und als Notfallmedizin ist die Schulmedizin auch in der Geburtshilfe völlig o.k. – verdanke mein eigenes Leben einem absolut nötigen Notkaiserschnitt. Nur passiert hier einfach so viel Schmu – allein die deutsche Technik „auszuschaben“ entspricht oft nicht mehr internationalen Standarts usw., könnte mich da endlos auslassen…

    Zu wirklich qualifizierter Geburtshilfe und Frauenheilkunde gehört meiner unpopulären Meinung nach *g* aber auch die Aufklärung über die wirklichen Risiken einer Abtreibung. Weil Abtreibung ist einfach in der Natur / Schöpfung nicht vorgesehen, das macht meines Wissens nach auch kein Tier. Die immer wieder zu lesenden Geschichten mit den Abtreibungskräutern halte ich für absoluten Kappes – die wirklich wirksamen Rezepte sind dann gleich gerne mal tödlich und die harmloseren tun es nicht. Ich habe da, nach dem der Tod des Kindes in meiner 2. Schwangerschaft festgestellt wurde, nämlich selber rumprobiert – und es ist wie es ist, ob tot oder lebendig – man muß die Kinder kommen und gehen lassen wie sie wollen. Diese Erkenntnis war nicht nur für mich knallhart, auch viele Hebammen und „alternative“ Ärztinnen haben da ihre schmerzhaften Erfahrungen machen müssen. Der Weg zurück zur Selbstverantwortung und zur Eigenmacht ist eben manchmal auch steinig – aber wem sag ich das 🙂
    So – nu is aber gut – ich wünsche Dir einen schönen Jahreswechsel und alles Liebe und Gute für das kommende Jahr :-))))
    LG BärenSchwester

  2. Liebe Aine, Du fragst

    „..kann nicht DANN erst wahre Heilung eintreten…“

    Meinst Du die Heilung Deiner Mutter oder Deine? Deine Heilung kannst Du auf die Art geschehen lassen, die für dich richtig ist. Aber ober es für deine Mutter Heilung ist kannst du nicht sicher wissen. Bevor du ihr das bild zeigst oder darüber sprichst, versuche erst zu erfahren, was sie denkt, will oder auch nicht.

    Kein leichter weg und ich wünshe Dir gute Unterstützung dabei.

    herzliche Grüße
    silvia

  3. Nachtrag:

    Ich habe vergessen nachdrücklich zu erwähnen, dass ich die Aktion „Plastikembryos“ auch geschmacklos finde. Die Art wie DA Wunden aufgerissen werden könnten, ist natürlich absolut NICHT die Richtige…! Sie strebt ja nicht auf Heilung an, sondern lediglich auf Kritik und Negativismus…. Und dabei finde ich es ganz unerheblich, ob der Schwangerschaftsabbruch von außen oder von innen kam…. Schrecklich….

    Nochmal liebe Grüße von Aine

  4. Hallo Shaman-Ca,

    ein interessanter Beitrag. Vielen Dank für Deine persönlichen Berichte und „Tipps“. Gut zu lesen….! *lächel* Die Geschichte meiner Mutter und meiner Schwester hast du ja bei den Feuerweibern gelesen…! Ich bin nun die ganze Zeit am Überlegen, ob ich die Wunde meiner Mutter „aufreißen“ soll, und ihr von meiner „neu-gewonnenen“ Schwester „drüben“ erzählen soll…. Soll ich Ihr das Bild zeigen, dass ich gemalt habe…? Ist das nicht meine Aufgabe….? Sind ihre Wunden von damals wirklich verheilt…? Konnte sie das Erlebte damals überhaupt verarbeiten….? Schwierige Fragen… Ich werde mich sehr überwinden müssen… Hab‘ Angst, ihr weh zu tun… Aber andererseits, kann nicht DANN erst wahre Heilung eintreten…?

    Sehr interessant war für mich der Umgang mit Fehlgeburten in schamanischen Traditionen. Wir haben das neulich gerade in meiner Ausbildung gelernt…. Es hat mir so manches Auge geöffnet. Danach las ich noch das Buch „In unserer Mitte“ von Sobonfu Somé, in welchem es ja auch um Geburt, aber auch um Fehlgeburt geht…. Sehr zu empfehlen…! Ein wichtiges Thema! Ja! Es sollte zurück in Frauenhand, der Umgang mit Geburt und allem was drumherum geschieht….! Wir Frauen wissen denk ich intuitiv am besten, was uns gut tut… Und wenn nicht, können uns andere Frauen vielleicht wieder daraufbringen…! DU zum Beispiel…!

    Alles Liebe von Aine

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